Elfpolige Fürbitte

Am 22.08. wurde mir die große Ehre zuteil, die Fürbitte auf einer Hochzeit zu halten. Das Paar liegt mir besonders am Herzen, handelt es sich doch um meinen geliebten Seelenzwilling und ihrem nicht minder tollen Partner. Für mich war diese Trauung auch der krönende Abschluss meiner elfjährigen Hamburger Zeit.

Man könnte sagen, dass ich mich von langer Hand auf dieses besondere Ereignis vorbereitet habe. Im Januar 2011 begann ich, gemeinsam mit meiner guten Freundin Sarah (Merle 44) was wir später als „Kirchenhopping“ bezeichneten. Anderthalb Jahre lang trafen wir uns sonntags, um gemeinsam zum Gottesdienst zu gehen, jeweils in einer anderen Kirche. Wir waren u.a. bei den Katholiken, bei Evangelen, bei Freikirchen, bei den Mormonen. Es war spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Gemeinden doch waren; leider war auch ernüchternd, wie schlecht doch die meisten der Predigen waren. Ich wurde mal von Erzbischof emeritus Werner Thissen gefragt, was meiner Erfahrung nach denn eine gute Predigt ausmachen würde. Ich konnte ihm leider keine Antwort darauf geben. Zu dünn gesät waren die wirklich guten.

Am meisten zuhause habe ich mich in der Petri-und-Pauli-Kirche in Bergedorf gefühlt. Die Michaelis-Kirche beindruckt einfach von ihren Räumlichkeiten. Bei den Freikirchen ist ein ganz besonderer Geist. Am eingängisten war wohl der Gottesdienst im Olympia Stadion in Berlin, mit Papst Benedikt am 22.09.11. Und auch in Hamburg blieb eine katholische Predigt am stärksten in Erinnerung, im sogenannten Kleinen Michel. Es war ein eher akademischer und intellektueller Vortrag. Dabei ging es um die religiöse Bedeutung der Taube, die auf hebräisch Jona heiße. Wie sie Noah zeigte (einen Olivenzweig im Schnabel), dass das Wasser der Sintflut zurückgegangen sei – und es wieder Land gebe. Wie sie bei der Taufe Jesu durch Johannes zeigte, dass er wahrlich göttlicher Natur sei. Wie sie als Heiliger Geist an Pfingsten zu den Jüngern/Aposteln von dem Himmel herabkam. Aber auch: wie der Jonas im Bauch des Wals im Kontext der Taube zu verstehen sei, unschwer an dem Namen abzulesen. Uns wurde eingebläut, dass wir uns merken sollten: „Jona gleich Taube“.

Wie schön, dass der Bräutigam dann auch tatsächlich Jonas hieß. Dessen Namenstag bei den orthodoxen übrigens auf den 22.9. fällt – was wiederum eine sehr schöne Verbindung ist. Auf die sonstige Bedeutung dieses Datums bin ich ja schon mehrfach und immer wieder eingegangen.

Die Trauung fand in Nienstedten statt, einer wunderschönen Kirche unweit der Elbe. Sarah und ich waren mal bei einem Kindergottesdienst dort gewesen. Und als ich im Dezember 2014 die Verlobten in Krakau besuchte, erfuhr ich, dass sie dort heiraten würden. Kaum war ich zurück in HH, suchten Sarah und ich gemeinsam die Kirche auf. Das war am 07.Dez.14. Wir zündeten Kerzen an, um den Weg zur Trauung schon mal zu bahnen. Aber auch zu Ehren von Sarahs Oma Ruht, die ein paar Tage zuvor friedlich verstorben war (Ihr zu Ehren feierten wir dann noch eine kleine Andacht und Zeremonie an der Elbe – und tranken einen Haselnussschnapps auf sie).

Jedenfalls bekam ich viel positives Feedback zur Fürbitte. Ich wurde von einigen gefragt, ob ich denn Pastor oder Theologe sei – obwohl  bei genauerer Betrachtung nicht alles kirchenkonform war. Allerdings bin ich schon der Meinung, der christlichen Geist recht gut erfasst zu haben.

Als ich die Außerirdischen erwähnte, ging ein lautes Knacken durch die Kirche. Im Nachhinein meinten ein paar dazu, eine Präsenz gespürt zu haben – und das die Aliens auf jeden Fall anwesend gewesen sein müssten.

(Ein altes Problem, was ich immer wieder bei Worpress habe: die Leerzeilen werden nicht so übernommen, wie ich das möchte. Mal schauen, ob ich mich Bindestrichen tricksen kann…)

Liebe Pastorin,

Liebe Mitwirkende:

im Namen von uns allen –

vielen Dank!

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Liebes Brautpaar,

Liebe Julia, Lieber Jonas:

Im Anfang war das Wort.

Das Ja-Wort, das Ihr hier und heute einander gegeben habt, ist auch ein Anfang: der Anfang des gemeinsamen Weges als kirchlich getrautes Ehepaar, zu dem Ihr Euch aus freien Stücken entschieden habt.

Die Wurzeln dieses Weges reichen weit in die Vergangenheit zurück – und Ihr habt als Fundament einen Baum geschaffen, der bereits bunte, reichhaltige und lebensbejahende Früchte trägt – dessen bisherige Krönung in Eurem Sohn Louis für alle Welt zu bestaunen ist.

Ihr habt diesen gemeinsamen Weg für richtig befunden – und in Eurer Eheschließung mit Eurem jeweiligen Ja-Wort bestätigt.

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Ich – und ich denke, ich spreche für uns alle hier Anwesenden:

Wir sind froh und dankbar, Teil dieses erhabenen Tages und besonderen Momentes zu sein.

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Liebe Hochzeitsgemeinde:

bitte schließt Euch mir in Gedanken und im Herzen bei meiner Fürbitte an.

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Herr und Bruder Jesus Christus,

wir bitten Dich:

  • mögen Julia und Jonas stets die Kraft finden, offenen Herzen auf einander zuzugehen, gerade wenn das eigene Ego mal verletzt ist
  • möge das Brautpaar immer den Humor behalten, um über sich selbst aber auch die manchmal scheinbare Absurdität des Lebens lachen zu können
  • mögen die Eheleute einander ein Heimathafen sein, wenn sie auf der Flucht sind: ob vor der Last des Alltags, der Außenwelt – oder sich selbst
  • möge das Brautpaar die Stärke haben, den eigenen Stolz zu überwinden und andere um Hilfe zu bitten – wenn dies mal nötig sein sollte

“Wir singen gemeinsam:….”

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Herr und Bruder Jesus Christus,

wir bitten Dich:

  • mögen wir dieser Familie den Rücken stärken und eine Stütze sein – ihr aber zugleich den Freiraum lassen, dass sie sich ungehindert und selbstbestimmt entfalten und entwickeln kann
  • mögen wir alle die Kraft haben, unseren Idealen und Träumen treu zu bleiben – um nicht aufzuhören, nach ihrer Verwirklichung in unseren jeweiligen Leben zu streben
  • mögen auch die heute Abwesenden – ob durch Krankheit, Tod oder anderen widrigen Umstände verhindert – an dieser uns vorgelebten Liebe und deren Glück teilhaben
  • mögen diejenigen, die alleine auf der Welt sind, ebenfalls Geborgenheit einer Partnerschaft finden und kennenlernen

“Wir singen gemeinsam:….”

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Herr und Bruder Jesus Christus,

wir bitten Dich:

  • mögen unsere Nächstenliebe und Wohlwollen sich nicht auf unsere Familie, Freunde und Wahlverwandtschaften begrenzen – sondern vielmehr auf alle Menschen (ganz gleich welcher Herkunft), aber auch alle anderen Mitgeschöpfe ausdehnen: ob Wild, Haus- oder Nutztier, Delphin, Neandertaler oder gar außerirdische. Damit wir alle in dem Bewusstsein miteinander leben, allesamt Enkel der einen Mutter Gottes zu sein
  • mögen die ungeborenen und verstorbenen Seelen ihren jeweiligen Weg und Platz im Jenseits finden
  • mögen Aufrichtigkeit und Offenheit das A und O in jeder Beziehung – und in jeglicher Beziehung sein.

So möge es sein!

“Wir singen gemeinsam:….”